Doug Sahm presents The Texas Mavericks – Who Are These Masked Men? & The Masked Men Live in Bremen 1987
Heute würde man einen Künstler wie Doug Sahm als hyperaktiv oder Workaholic bezeichnen. War der am 6. November 1941 im texanischen San Antonio geborene Sänger, Saitenspezialist (Gitarre, Steelguitar, Mandoline, Geige) und Song-Schmied doch ein Grenzgänger zwischen Country, Blues, British-Invasion-Einflüssen, Honky Tonk und Psychedelia – und einer der Urväter des Tex-Mex, indem er all seine Einflüsse mit mexikanischen Elementen wie Conjunto vermengte. Und all diese Spielarten pflegte er meist gleichzeitig nebeneinander her in parallel betriebenen Bands.
Natürlich wird der Name Doug Sahm in erster Linie mit dem längst legendären Sir Douglas Quintett in Verbindung gebracht, das sich mit Klassikern wie „Mendocino“, „She’s About A Mover“ oder „Dynamite Woman“ unsterblich gemacht hat. Oder mit den Texas Tornados, die auch nach dem allzu frühen Tod ihres Masterminds am 18. November 1999 bis heute unterwegs sind, angeführt von Shawn Sahm, einem Sohn von Sir Doug. Doch da war noch eine Combo, die nicht zuletzt wegen ihres nur kurzen Bestehens – zu Unrecht – ein wenig in Vergessenheit geraten ist: die in der zweiten Hälfte der 80er Jahre aufspielenden Texas Mavericks. Musikhistorische Bedeutung nicht nur in Sahms Heimat Texas gewann dieses Quintett vor allem dadurch, dass sie dem Frontmann eine weitere Plattform bot, sich stilistisch an für ihn damals etwas Neuem zu versuchen, für das eine eigene Kategorie oder Etikett kreiert wurde: White Boy Music als Gegenpol zur Black Boy Music, als die damals der Blues auch firmierte. Rockabilly und Rock’n’Roll der späten 50er Jahre lieferten die Vorlage, die Sahm sich mit seinen Mitstreitern zueigen machte und mit ganz eigener Prägung spielte.
Es war eher Zufall, der zur Gründung der Texas Mavericks führte, wie sich der langjährige Sahm-Sideman Miller „Speedy“ Sparks erinnert, der seinerzeit als Bassist mit von der Partie war. „Doug sollte 1986 bei der Hochzeit eines Freundes in Austin spielen und suchte nach Mitmusikern“, erzählt Sparks. „Es war ihm zu aufwändig, seine Kumpels aus San Antonio zu holen, und so fragte er mich, wen ich empfehlen könnte. Ich schlug John Reed als Gitarrist vor, dazu einen befreundeten Schlagzeuger. Wir spielten ein paar Rock’n’Roll-Nummern und hatten soviel Spaß daran, dass wir danach weitermachten und regelmäßig einmal in der Woche in einem Club in Austin gastierten.“ Neben dem Frontmann, Sparks und Reed entstand eine feste Band, in der Frosty Smith trommelte und Alvin Crow an der Fiddle und als Co-Sänger mitmischte. „Die einzige Prämisse, die wir uns selbst gegeben hatten, war die, dass wir Rock’n’Roll spielen wollten. Zunächst waren wir eine reine Cover-Band, die Songs von Buddy Holly, Chuck Berry, der Rolling Stones, von Van Morrison spielte – lauter Sachen, die für Doug Neuland bedeuteten, er hatte davor Blues, Rhythm&Blues und Tex-Mex gespielt, aber nie Rockabilly oder Rock’n’Roll. Deshalb sang Alvin Crow auch manche dieser Nummern.“
Sparks betrieb zu der Zeit ein eigenes Label in Austin, Dynamic Records. „Dadurch hatte ich Kontakte nach Europa, zu New Rose Records in Frankreich, und die wollten unbedingt ein Album der Texas Mavericks. Also sind wird für drei Tage in ein Studio gegangen und haben ein Album eingespielt, das bei New Rose und bei Sonet in Schweden erschien. Es trug den Titel „Who Are These Masked Men?“, der aus einer Laune Sahms heraus entstanden war: „Zu der Zeit wollte Doug quasi jemand anderes sein, also trugen wir Masken und irgendwelche Fantasienamen – was natürlich nicht funktioniert hat. Es war schnell klar, wer hinter den Texas Mavericks steckte“, erinnert sich Sparks.
Dank seiner guten Kontakte nach Europa buchte Sahm parallel zur Albumveröffentlichung eine Europa-Tour, die das Quintett 1987 auch nach Deutschland führte. „Ich kann mich erinnern, dass wir in Hamburg, Berlin, Stuttgart, Bremen und wohl noch einigen anderen Städten auftraten. Es waren meist kleinere Konzerthallen und Clubs – genau das Richtige für diese Art von Musik, und es hat uns richtig Spaß gemacht loszulegen.“ Damals übrigens mit Mike Buck am Schlagzeug, weil Frosty Smith nicht mit auf Tour gehen wollte. „Ich hatte keine Ahnung, dass Radio Bremen unsere Show mitgeschnitten hatte– ich habe davon erst im Sommer 2016 gehört, als ich die Aufnahmen zum ersten Mal hörte“, verrät Sparks. „Und ich bin begeistert davon – diese Recordings gefallen mir noch besser als die Studioaufnahmen, weil sie eingefangen haben, was die Band damals ausmachte: pure Energie, Spielfreude und einfach Klasse – mir ist eigentlich erst so richtig klar geworden, welch großartiger Rhythmusgitarrist Doug war, als ich diesen Mitschnitt hörte“, gerät Sparks geradezu ins Schwärmen.
Nach dem Besuch in Deutschland war das Kapitel Texas Mavericks in der Geschichte Doug Sahms schon bald wieder beendet. „Doug hatte so viele Bands nebeneinander herlaufen und die Mavericks in erster Linie als Spaßprojekt betrachtet – er hatte das Sir Douglas Quintet, seine Bluesband und dann natürlich die Texas Tornados, da blieb gar keine Zeit mehr für eine weitere Combo”, erläutert Sparks die Kurzlebigkeit der Texas Mavericks. Immerhin erinnert nun die Neuauflage von „Who Are These Masked Men?“ mit der Bonus-CD des Bremer Konzerts an den Mann, der vielen als Urvater der Tex-Mex-Szene gilt.
Philipp Roser
Tracklist:
CD 1 „Who Are These Masked Men?“
1. I Fought The Law 02:21
2. Rock N Roll Ruby 02:15
3. Just Let Her Go 02:32
4. One More Time 03:43
5. Brown Eyed Girl 03:23
6. Hillbilly Soul And A Rockabilly Mind 03:39
7. Loven You Best 02:42
8. Redneck Rock 02:17
9. Sister Terry 04:07
10. Mother In Law Blues 02:18
Total: 29:17
CD 2 „The Masked Men live in Bremen 1987”
1. That'll Be The Day 02:30
2. Texas Tornado 03:34
3. One More Time 02:42
4. Not Fade Away 03:40
5. Brown Eyed Girl 03:35
6. She's About A Mover 04:15
7. Rave On 02:30
8. Sometimes 02:43
9. Give Back The Key To My Heart 04:30
10. Don't Slander Me 03:17
11. Starry Eyes 02:49
12. Redneck Rock 02:28
13. Mendocino 03:57
14. Johnny B. Goode 04:02
15. You're Gonna Miss Me 05:38
16. La Bamba 05:01
Total: 57:11