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Wer sich für Singer/Songwriter interessiert, darf sich ein Album wie “Walking The Changing Line” einfach nicht entgehen lassen. IAIN MATTHEWS, vormals Fairport Convention und Matthews Southern Comfort, und immerhin einer von Robert Plants Lieblingssängern, hatte sich 1987 der erstklassigen Kompositionen des Komponisten Jules Shear angenommen. Wenn man die Aufnahmen heute anhört, ist es im Nachhinein unbegreiflich, dass das Album nicht bekannter geworden ist. Etliche Stücke hätten wunderbar ins Radio gepasst. Außerdem hatte Shear ja bereits Hits geschrieben – wie etwa „If She Knew What She Wants“ von den Bangles, Cyndi Laupers „All Through The Night“, Johnny Rivers „Slow Dancing“, sowie einige Songs für die Eagles.

Matthews sagt heute, bei der Aufnahme sei es ihm noch nicht bewusst gewesen, aber heute wisse er, “Walking The Changing Line” sei das wichtigste Album seiner gesamten Karriere – und sein einziges Konzeptalbum.

In besagtem Jahr arbeitete Matthews als A&R für Windham Hill, weil er dachte, sein Leben als Musiker sei vorüber, ihm fiele kein einziger Song, keine Note mehr ein. Doch Robert Plant beschwor ihn, er dürfe nicht so einfach aufhören und überredete ihn zu einem Comeback-Album. „Das Konzept selbst war einfach. Das Album sollte zwei musikalische Genres überbrücken – Singer/Songwriter und was sich derzeit New Age nannte. Die Aufnahme baute auf akustischen Gitarren, Perkussion und Keyboards auf. Die Songs würden allesamt von einem einzigen Komponisten stammen, der einerseits noch relativ unbekannt, aber einem Insiderkreis vertraut sein sollte. Nach reiflicher Überlegung und etlichen Fehlstarts fiel die Wahl dann auf Jules Shear.“

Aus rund 100 Stücken wählte Matthews dann ein Dutzend aus. Ein Stück, „On Squirrel Hill“ hatte Shear eigens für das Album neu geschrieben.

Im heißen Sommer des Jahres 1987 war auch in Venice Beach der Miami-Vice-Look angesagt. Lockere Leinenkleidung entpuppte sich bei den tropischen  Temperaturen, unter denen “Walking The Changing Line” aufgenommen worden ist, als genau die richtige Arbeitskleidung.  Das Album entstand in Matthews‘ 3-Zimmer-Appartement in Los Angeles, „mit einer tragbaren Fostex-Bandmaschine“ in knapp 14 Tagen, erinnert er sich. „Die Wiederveröffentlichung repräsentiert das Album vom Konzept, über die finale Aufnahme bis hin zum Spielen der Songs auf Tour. Es ist recht spannend, die Entwicklung einiger Stücke von der Demo- bis hin zur gemasterten Endversion zu verfolgen. Insbesondere, welche Veränderungen wir an ‘On Squirrel Hill’ und dem Ende von ‘Following Every Finger“’vornahmen. Die Plattenfirma in ihrer unendlichen Weisheit fand beide Originalversionen viel zu radikal. Ich verstehe das bis heute nicht. Im Rückblick wünschte ich mir, ich hätte meine kreativen Pistolen gezogen und sie überstimmt. Es hätten ruhig ein paar mehr Songs sein können, aber Vinyl war King – und die Soundqualität bestimmte den Tag = 22 Minuten per Seite, Leute.“

Windham Hill veröffentlichte “Walking a Changing Line” im Frühjahr 1988. Es gab begeisterte Kritiken, aber leider nur mittelmäßige Verkäufe. “Doch im Kielwasser meiner Wiedergeburt als Künstler gab es genug gute Presse. Damit und mit ausgedehnten Tourneen im Verlauf der folgenden zwei Jahre lief meine Karriere wieder auf Hochtouren. Mein Glücksspiel mit Jules und seinen Songs schien sich ausgezahlt zu haben und ich als kreativer Mensch sah ein fernes Lichtlein weit, weit weg am Ende des sprichwörtlichen Tunnels.”

Das erweiterte Wiederveröffentlichungs-Paket von “Walking A Changing Line” enthält das ursprüngliche Album, 15 Demos und eine Kostprobe mit sechs Stücken von einem Liveauftritt in New Yorks mittlerweile geschlossenen Club “Bottom Line”,  allesamt Songs von Jules Shear.

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16/02/2017