Novalis – Augenblicke
Nach dem großen Erfolg von „Flossenengel“ (MiG 00652) brachte das Album „Augenblicke“ erneut einige markante Änderungen.
Novalis-Schlagzeuger Hartwig Biereichel erinnert sich: „‘Flossenengel‘ war ein Konzeptalbum mit vielen einzelnen Stücken, die dennoch ein großes Gesamtwerk ergaben. Wir waren eine Prog-Rockband, die lange Passagen bewusst ausgewälzt hat. Dennoch hatten wir auf ‚Flossenengel‘ auch schon sehr komprimierte Songs, die uns sehr viel Spaß gemacht haben. Wir haben damals einfach gemerkt, dass die Phase der langen, improvisierten Titel für uns vorbei war. Wir hatten einfach Lust, prägnanter zu werden – und das hat seinen Niederschlag auf ‚Augenblicke‘ gefunden: Kurze, in sich geschlossene, radiokompatible Stücke.“
Insofern war „Augenblicke“ auch ein Sprung ins kalte Wasser, da sich die Arbeitsweise von Novalis radikal geändert hatte. Ein gelungenes Experiment, wie Hartwig Biereichel schildert: „Als wir in den 70er Jahren anfingen, haben wir eigentlich nur gemeinsam improvisiert. Daraus entwickelten sich einzelne Elemente, aus denen dann die Stücke gewachsen sind. Ende der 70er Jahre haben wir mit dieser Arbeitsweise aufgehört. Wie viele andere Bands auch, hat jeder zunächst für sich zu Hause Demos aufgenommen. Die wurden dann den anderen Musikern vorgespielt und dann wurde entschieden, was weiter verfolgt wird und was nicht. So wurde schon mal ein ganz anderer Rahmen geschaffen.“
Somit ist „Augenblicke“ ein Album, dem die melancholische Schwere der Vergangenheit fehlt. Es klingt rockiger und direkter und stellt die Songwriter-Qualitäten der einzelnen Bandmitglieder deutlicher in den Mittelpunkt.
Hartwig Biereichel: „Es war fühlbar, dass sich unsere Prog-Rock-Phase dem Ende zuneigte. Man kann bei ‚Augenblicke‘ sehr gut heraushören, dass Lutz Rahn und Detlef Job die entscheidenden Komponisten waren, daneben natürlich Fred Mühlböck mit seiner sehr eigenwilligen Art zu texten und zu komponieren. Es gab wenig Gruppenarbeit. Das, was ins Studio gebracht wurde, war im Wesentlichen schon das Produkt des Schöpfers. ‚Danmark‘ ist z.B. eine sehr erkennbare Lutz Rahn-Komposition. ‚Ich hab noch nicht gelernt zu lieben‘ ist hingegen ein typisches Fred-Mühlböck-Stück. Wir haben einander bei dem Album einen ziemlich großen kreativen Freiraum erlaubt, so dass jeder seine Vorstellung verwirklichen konnte.“
Dennoch klingt das Album sehr homogen. Und wenn man gewisse Kanten und Gegensätze heraushört, dokumentiert das den Zustand des Bandgefüges von Novalis zu der damaligen Zeit.
„Wir kamen ja aus ganz verschiedenen musikalischen Richtungen – und mit ‚Augenblicke‘ haben wir zum ersten Mal ganz bewusst diese Ecken und Kanten zugelassen. Man kommt als Band nur dann weiter, wenn man neue Wege geht. Sich an die Vergangenheit zu klammern und zu versuchen, mit seinen alten Ideen noch einmal Erfolg zu haben, ist der völlig falsche Weg. Man muss kreativ bleiben, sonst wird es für alle Beteiligten uninteressant.“
So bleibt „Augenblicke“ auch 30 Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung ein spannendes und lebendiges Album!
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TRACKLISTING:
1. Danmark
2. Ich hab noch nicht gelernt zu lieben
3. Cassandra
4. Herbstwind
5. Mit den Zugvögeln
6. Sphinx
7. Als kleiner Junge
8. Magie einer Nacht
9. Begegnungen